12.05.2023

Cureus-Studie: Kommunale Entscheider erwarten eindeutigen Anstieg der benötigten Pflegeplätze, sehen Lösung aber im Betreuten Wohnen

  • 91% der Befragten sehen bis 2040 einen eindeutig höheren oder zumindest erhöhten Bedarf nach Pflegeplätzen für ihren Landkreis
  • Nur 31% der Befragten sehen den Bedarf am ehesten in der stationären Pflege – obwohl sich hier bereits jetzt ein eklatanter Mangel abzeichnet – bevorzugt wird Betreutes Wohnen – das birgt Gefahrenpotenzial

Hamburg, 12. Mai 2023. 65 Prozent der kommunalen Entscheidungsträger erwarten in ihrem Landkreis bzw. in ihrer kreisfreien Stadt bis 2040 im Vergleich zu 2022 einen eindeutig höheren Bedarf an Pflegeplätzen. Weitere 26 Prozent sehen zumindest einen etwas höheren Bedarf. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey, für die rund 1.500 kommunalpolitische Entscheider in Deutschland befragt wurden.

„Die Umfrage zeigt, dass der drohende Pflegeplatzmangel in Deutschland in den meisten Kommunen bereits deutlich erkannt wird“, sagt Gerald Klinck, CEO der Cureus, in deren Auftrag die Umfrage erstellt wurde. Das entspricht auch den Ergebnissen einer Anfang 2022 veröffentlichten Studie der Wüest Partner AG, welche in fast allen Landkreisen bis 2040 einen erhöhten Pflegeplatzbedarf identifizierte. Laut dieser Studie wird der Bedarf allein in rund der Hälfte aller Kreise zukünftig sogar mindestens 20 Prozent über dem heutigen Niveau liegen.

Gefährlicher Trugschluss: Kommunale Entscheider sehen Betreutes Wohnen als Lösung

Gefragt nach dem Bereich, in dem sie am ehesten einen höheren Bedarf zur Schaffung von Pflegekapazitäten sehen, nannten lediglich 31 Prozent der Befragten die stationäre Pflege. Deutlich mehr, nämlich 43 Prozent, nannten Service-Wohnen/Betreutes Wohnen. Nur 19 Prozent nannten die Tagespflege. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind dabei gering. Die größte Wahrnehmung eines höheren Bedarfes nach stationärer Pflege haben die kommunalen Entscheider aus Bayern (35,1%), die geringste jene aus Mecklenburg-Vorpommern (22,6%).

„Leider scheinen die meisten kommunalen Entscheider als Lösung vermehrt auf Service-Wohnen oder Betreutes Wohnen setzen zu wollen. Diese Präferenz der Pflege in einer eigenen Wohnung ist menschlich durchaus nachvollziehbar, aber: Stationäre Pflege ist keine Frage der Wahl – wer darauf angewiesen ist, für den ist Betreutes Wohnen leider keine Alternative mehr“, warnt Klinck. Aufgrund des demografischen Wandels wird der stationäre Betreuungsbedarf weiter zunehmen. Neben der Studie von Wüest Partner zeigen dies auch die Pflegevorausberechnung 2023 sowie eine Studie, die das auf die Immobilienbranche spezialisierte Analyseunternehmen bulwiengesa Ende 2021 durchführte. Aus ihnen geht hervor, dass bis 2040 in Deutschland rechnerisch rund 600.000 stationäre Pflegeplätze neu gebaut werden müssen. Die Auslastungsquote der verfügbaren Plätze in der vollstationären Pflege lag zudem bereits 2021 bei rd. 90 Prozent. Hinzu kommt, dass auch die bestehenden Kapazitäten keinesfalls gesichert sind. Denn 29 Prozent der 15.400 Pflegeheime in Deutschland (Datenstand 2019) waren 2021 schon älter als 40 Jahre und ein beachtlicher Teil davon entspricht nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben oder baulichen Standards.

Als einen möglichen weiteren Grund für die Präferenz des Service-Wohnens/Betreuten Wohnens durch die kommunalen Entscheider vermutet Klinck die aktuellen Wohnbauziele der Bundesregierung. 400.000 neue Wohnungen sollen jedes Jahr in Deutschland nach den Vorstellungen der Politik geschaffen werden. „Service-Wohnen und Betreutes Wohnen wird statistisch dem Wohnungsbau zugeordnet. In Kommunen mag deswegen die Hoffnung bestehen, mit entsprechenden Wohnungen sowohl hinsichtlich des Schaffens neuen Wohnraums als auch hinsichtlich der Pflegeproblematik punkten zu können. Aber das ist ein gefährlicher Trugschluss“, sagt Klinck, „denn die heutige Babyboomer-Generation wird unser Pflegesystem mit voller Wucht treffen. 2040 wird es viel mehr hochbetagte Personen als heute geben. Und statistisch gesehen steigt der Pflegebedarf bei Personen ab 80 Jahren überproportional an. Hinzu kommt, dass die Pflege in Zeiten von knappem Personal und der Singularisierung der Haushalte vermutlich besser an einem Standort gebündelt wird und in Gesellschaft mit bunt gestaltetem Tagesprogramm stattfindet, als wertvolle Pflegekompetenzen ambulant im Kleinwagen durch den Verkehrsstau zu schicken.“

Klinck fordert: „Die kommunalen Entscheider müssen sich aus diesen Gründen stärker für den Bau von Pflegeheimen einsetzen.“ Möglich ist dies über eine Bereitstellung von kommunalen Grundstücken, marktgerechte Investitionskostensätze für die Betreiber sowie über ein Einwirken auf die Landespolitik. Diese könnte beispielsweise lokale Förderinstitute mit speziellen Programmen ausstatten und für die längerfristige Verlässlichkeit der regulatorischen Rahmenbedingungen sorgen. Auch die Bundespolitik sollte adressiert werden, um einen auskömmlichen Umfang der hiesigen Fördertöpfe, beispielsweise bei der KfW, und einen langfristig zuverlässigen Zugang zu diesen zu gewährleisten, ohne dabei die bautechnischen Anforderungen an die Bauherren immer weiter hochzuschrauben. Alle politischen Ebenen müssen Maßnahmen ergreifen, um den Bau von Pflegeheimen als Teil der sozialen Infrastruktur der Zukunft voranzubringen und die drohende Pflegekatastrophe zu verhindern. Nur so lassen sich weitere Investoren für dieses wichtige Marktsegment gewinnen.

Geringerer Bedarf in vielen Regionen Ostdeutschlands

In Ostdeutschland, vor allem in Sachsen und Thüringen, sehen weniger der von Civey Befragten einen Bedarf an neuen Pflegeplätzen als anderswo in Deutschland. Das entspricht der Prognose von Wüest Partner. Denn diese zeigt, dass vielerorts in Sachsen, Thüringen sowie auch in Sachsen-Anhalt und Teilen von Brandenburg der Bedarf an neuen Pflegeplätzen geringer ist als anderswo in der Bundesrepublik. Aber auch in diesen Regionen wird es 2040, mit wenigen Ausnahmen, in den meisten Landkreisen einen höheren Bedarf an Pflegeplätzen geben als heute. Auch Entlang der Nordseeküste, in Teilen Hessens, Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens ist der zusätzliche Bedarf an neuen Pflegeplätzen laut Wüest Partner weniger stark ausgeprägt als anderswo in Deutschland. Hier gibt es jedoch seitens der von Civey Befragten im Vergleich keine erkennbar geringere Wahrnehmung des höheren Bedarfs.

Bildmaterial & Downloads

 

Foto Gerald Klinck (CEO), Cureus

Grafiken Zusätzlich erwarteter und prognostizierter Bedarf an Pflegeplätzen 2040

Studie Pflegeheim-Atlas Deutschland 2021

Studie „Analyse und Zukunftsperspektiven des deutschen Pflegeimmobilienmarktes“

Whitepaper „Optimiert, einzigartig, skalierbar – Pflegeimmobilien mit System“

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